Exploratives Testen mit TestLink

06.04.2022
Ssonja Mieke

Exploratives Testen mit TestLink

Professionelle Testmanagementwerkzeuge unterstützen in der Regel über den gesamten Testlebenszyklus hinweg. Dabei bieten sie vielfältige Möglichkeiten, um Testfälle zu erfassen, zu verwalten und für die Ausführung zu priorisieren. Der Status der Testfälle kann kontinuierlich überwacht und verfolgt werden, um so den Testfortschritt zu messen. Auch ist es über Testmanagementwerkzeuge möglich, eine Rückverfolgbarkeit zwischen Anforderung und Testfall sicherzustellen.

Ein Beispiel für ein solches Werkzeug ist das plattformunabhängige Open Source Testmanagementwerkzeug TestLink, welches wir seit über 7 Jahren in der ITGAIN erfolgreich einsetzen und welches den fundamentalen Testprozess werkzeuggestützt abbildet.

Dabei haben wir bei ITGAIN uns die Frage gestellt, ob es auch möglich ist, explorative Testläufe über dieses Werkzeug zu erfassen und zu verwalten.

Was ist exploratives Testen?

Exploratives Testen ist mit anderen erfahrungsbasierten Testverfahren Teil einer reaktiven Teststrategie und erfreut sich nicht nur in agilen Projekten einer immer größeren Beliebtheit. Dabei versteht man unter reaktiver Teststrategie „Eine Teststrategie, bei der das Testteam erst mit dem Erhalt der Software Testfälle entwirft und realisiert, wobei auf das getestete System reagiert wird.“[1]

Eine Besonderheit des explorativen Testens ist, dass die Phasen

  • Analyse,
  • Entwurf,
  • Realisierung und Durchführung inkl. Dokumentation der operativen Tests

bei dieser Testmethode zusammenfallen.

Der Tester erkundet im explorativen Test auf Basis seines Wissens und ggf. den Erfahrungen vorangegangener Tests das System, um mögliche Abweichungen zu identifizieren. Unterstützt wird er dabei durch eine Test-Charta, die Hinweise zu den Testzielen sowie Testbedingungen gibt und dem Tester Ideen für die Testdurchführung liefert. Die Test-Charta enthält dabei u.a. Informationen zum vorgesehenen Nutzer des Systems, eine Liste mit möglichen Aktivitäten oder auch Testdaten, die zu verwenden sind. Auf diese Weise wird der explorative Test durch die Test-Charta auf bestimmte Teile des zu testenden Programms, bestimmte Aufgaben oder Funktionen beschränkt, die im Rahmen der operativen Testausführung im Fokus stehen.

Die Organisation des explorativen Tests erfolgt in der Regel sitzungsbasiert. Das bedeutet, dass eine zeitliche Beschränkung vorgenommen wird, innerhalb derer der explorative Test durchgeführt wird.

Durch seine besondere Form kann der explorative Test auch dann angewendet werden, wenn die Anforderungen und User-Stories, welche Grundlage zur Erstellung der Testfälle sind, von schlechter Qualität, veraltet oder nicht vorhanden sind. Er sollte allerdings nicht als primäres Testverfahren eingesetzt werden, sondern immer in Kombination mit methodischen Testverfahren wie z. B. Äquivalenzklassenbildung oder dem anforderungsbasierten Testen. So kann der explorative Test gewinnbringend eingesetzt werden, um systematisch ermittelte Testfälle sinnvoll zu ergänzen.

Das Testmanagementwerkzeug TestLink

Bei TestLink handelt es sich um ein webbasiertes Open Source Testmanagementwerkzeug, dass dem Nutzer die Möglichkeit bietet, Anforderungen und Testfälle zentral zu erfassen und zu verwalten. Weiterhin kann die Ausführung der Testfälle dokumentiert werden und der Fortschritt im Test überwacht werden.

Bisher war es allerdings nur möglich, Testfälle als geordnete Liste von Testschritten bestehend aus „Testschritt“ und „erwartetem Ergebnis“ in diesem Werkzeug zu erfassen. Für die Durchführung des explorativen Tests wird aber eine andere Grundlage, die Test-Charta, benötigt. TestLink bietet aktuell nativ keine Möglichkeit, diese strukturiert zu erfassen und als Grundlage für die Testausführung zu nutzen.

Abbildung 1: ITGAIN TestLink Plugin für explorativen Test (Übersicht Benutzeroberfläche mit Test-Charta und Testfällen)

Um diesem Problem zu begegnen, haben wir bei ITGAIN ein Plugin für das Testmanagementwerkzeug TestLink entwickelt, das speziell auf die Bedürfnisse des explorativen Tests zugeschnitten ist.

Exploratives Testen in TestLink mittels Plugin

Über das ITGAIN TestLink Plugin für explorativen Test ist es möglich, Test-Chartas als Grundlage für den explorativen Test strukturiert zu erfassen und zu verwalten. Sie planen so, was während der explorativen Testsitzung abgedeckt werden soll, z. B. ein bestimmter Funktionsbereich oder ein bestimmtes Feature. Die Test-Charta kann dann vom Tester als Basis für die Testdurchführung genutzt werden. So wird der Tester bestmöglich im explorativen Test unterstützt.

Abbildung 2: Assistent „Neue Test-Charta“ anlegen

Eine weitere Herausforderung, der wir mit unserem Plugin für explorativen Test begegnet sind, ist die Dokumentation der Testdurchführung. Um gefundene Abweichungen reproduzierbar zu machen und die Ergebnisse des explorativen Tests auch für zukünftige Testausführungen nutzbar zu machen, müssen alle Aktivitäten dokumentiert werden. So können die im explorativen Test gewonnenen Erkenntnisse genutzt werden, um weitere Testfälle abzuleiten. Diese können dann z.B. im Rahmen von Regressionstests eingesetzt werden.

Erfolgt die Dokumentation der explorativen Testläufe manuell, so ist dies sehr aufwendig und der Tester kann sich nicht voll auf seine eigentliche Aufgabe – das Testen der Anwendung – konzentrieren. Das ITGAIN TestLink Plugin für explorativen Test ermöglicht aus diesem Grund, alle Testaktivitäten über eine Schrittaufzeichnung zu erfassen. Dies reduziert manuellen Aufwand und stellt sicher, dass alle Aktivitäten im explorativen Test vollständig dokumentiert werden.

 

 

Abbildung 3: Auszug der automatisierten Test-Schrittaufzeichnung

Das ITGAIN TestLink Plugin für explorativen Test bietet also die Möglichkeit exploratives Testen vollumfänglich abzubilden und unterstützt den Tester bestmöglich bei seinen Aufgaben im explorativen Test.

Fazit

Das ITGAIN TestLink Plugin für den explorativen Test lädt Projektbeteiligte ein, explorative Testsitzungen effizient zu durchlaufen. So ist immer ersichtlich, auf Basis welcher Test-Charta ein Tester arbeitet. Die Dokumentation der Testläufe ist konsistent und die Fehlerverfolgung ist aufgrund der Reproduzierbarkeit gewährleistet.

[1] Definition des International Software Testing Qualifications Board (ISTQB®)

 

 

Über Ssonja Mieke:

Frau Mieke arbeitet bei ITGAIN im Team Qualitätsmanagement und beschäftigt sich mit der Testvorbereitung, Testdurchführung und der Bewertung von Softwareprodukten sowie den dazugehörigen Arbeitsergebnissen. Als Softwaretesterin und Testfalldesignerin unterstützt Sie bei der Auffindung von etwaigen Fehlerzuständen und der Erfassung im Testmanagementwerkzeug. Darüber hinaus verfügt sie sowohl über theoretische als auch praktische Kenntnisse in den Bereichen Projekt- und Qualitätsmanagement.

Als Trainerin für das Testmanagementwerkzeug „TestLink“ schult Frau Mieke Testmanager, Testdesigner sowie Softwaretester im Umgang mit dem Werkzeug. Dabei findet der fundamentale Testprozess ebenso Anwendung, wie kundenindividuelle Belange.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

ASQF e.V.